Vielfalt in Weiß
Eine eigene Praxis, fernab vom Geburtsland? Dr. Wahby Khayat ist niedergelassener Orthopäde und Unfallchirurg in einer Gemeinschaftspraxis in Paderborn. Im Interview erzählt der gebürtige Syrer, warum er sich in Deutschland niedergelassen hat.
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Dr. Khayat, was denken Sie: Wie international ist die Medizinwelt in Deutschland?
So international wie noch nie. Laut Statistik der Bundesärztekammer sind rund 60.000 Ärzte, die hier in Deutschland tätig sind, Ausländer – mehr als 10 Prozent. Und dieser Prozentsatz betrifft nicht mal die Kollegen, die den deutschen Pass haben – zum Beispiel mich.
Für die Zukunft brauchen wir sogar noch mehr Ärzte, die zum Beispiel in die Niederlassung gehen. Die Anzahl an deutschen Uni-Absolventen wird diese hohe Zahl wahrscheinlich nicht hergeben. Wir sind also auf internationale Ärzte angewiesen. Und das ist nicht schlecht, sondern gut. Das spiegelt die vielen Kulturen in dieser Gesellschaft wider und bestätigt, dass Deutschland eine offene Gesellschaft ist und alle die Chance haben, sich zu beweisen.
Wie war denn Ihr Werdegang in der Medizin?
Ich hatte schon als Kind den Traum, Menschen als Arzt zu helfen und außerdem eine Leidenschaft für Naturwissenschaften. Natürlich ist der Beruf auch gesellschaftlich gut angesehen, das will ich nicht verleugnen. Deshalb habe ich nach der Schule angefangen, Medizin an der Universität in Aleppo zu studieren. Während des Studiums habe ich meine Leidenschaft für die Chirurgie entdeckt und wusste, dass ich eine chirurgische Ausbildung machen wollte. In dieser Zeit lernte ich meine Frau kennen, die auch Deutsche ist. Ich bin dann für meine orthopädische und unfallchirurgische Ausbildung nach Deutschland gekommen und habe hier meinen Facharzttitel erhalten. Danach war ich eine Zeit lang in Kliniken zuletzt auch als Oberarzt tätig, bis ich mich 2016 in Paderborn als Orthopäde und Unfallchirurg niedergelassen habe.
Warum haben Sie sich für eine eigene Praxis entschieden?
Ich komme ursprünglich aus Aleppo, eine Handelsstadt wie Hamburg. Wir sind alle Händler und jeder Händler schaut immer nach Selbstständigkeit. Während ich in Kliniken gearbeitet habe, habe ich diese Sehnsucht nach Selbstständigkeit in der Medizin entwickelt – wollte aber die Möglichkeit behalten, zu operieren. Das ist meine Leidenschaft. Und das deutsche System bietet in der Niederlassung genau diese Möglichkeit.
Was ist denn für Sie der größte Unterschied zwischen Praxis und Klinik?
Heutzutage ist es leider so, dass man in der Klinik, auch wenn man Chefarzt ist, nicht viel zu sagen hat. Der wirtschaftliche Druck ist sehr hoch. In meiner Praxis bin ich mein eigener Chef. Ich kann mir die Zeit nehmen, die ich möchte und meine Patienten wie Verwandte behandeln.
Haben Sie das Gefühl, dass sich Ihr kultureller Hintergrund auf Ihre Praxisführung auswirkt?
Eher im Gegenteil. Ich bin in diesem System »aufgewachsen«, da ich meine gesamte Facharztausbildung in Deutschland gemacht habe. Und das System gefällt mir, zum Beispiel die strukturierten Abläufe. Ich merke aber, dass viele syrische Patienten in meine Praxis kommen, weil ich ihre Sprache spreche. Das spielt ja auch eine große Rolle. Man kann sich besser ausdrücken in der Muttersprache.
Was würden Sie internationalen Kolleg:innen raten, die sich auch in Deutschland niederlassen wollen?
Die Abläufe für Anerkennung und Niederlassung sind in Deutschland leider kompliziert – jedes Bundesland hat seine eigenen Regeln. Das kann zu Verwirrung bei neuen Kollegen führen. Aber die Arbeit lohnt sich: Ich betone immer, dass man sich niederlassen sollte, um den Traum, den man im Kopf hat, zu verwirklichen. Da hat man gute Möglichkeiten in Deutschland. Ich bereue meine Entscheidung auf jeden Fall nicht.
Über die Autor:innen
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Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ist die Dachorganisation aller 17 Kassenärztlichen Vereinigungen und vertritt die Interessen von Vertragsärzt:innen und Psychotherapeut:innen auf Bundesebene. Auf »Lass dich nieder!« gibt das Redaktionsteam Medizinstudierenden nützliche Tipps rund ums Studium und teilt Erfahrungen und Fakten rund um die ärztliche Niederlassung.