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Weiterbildungsverbund Psychiatrie und Psychotherapie

Ein starkes Netzwerk für die Facharztausbildung

In den Landkreisen Neckar-Odenwald und Main-Tauber hat sich ein besonderer Weiterbildungsverbund zur Facharztweiterbildung Psychiatrie und Psychotherapie gegründet, um dem Facharztmangel auf dem Land aktiv etwas entgegenzusetzen. Leonie Teichmann, Koordinatorin des Verbundes, und ihre Kollegin Jasmin Schneider aus dem Main-Tauber-Kreis erläutern Vorteile und Chancen.

Zwei Psychiaterinnen im Beratungsgespräch zu Fragen der Weiterbildung.
Der Weiterbildungsverbund vernetzt Fachärzt:innen mit dem medizinischen Nachwuchs in Weiterbildung – auch in der ambulanten Fachpraxis. ©iStock/ilonatitova

Lesedauer: 4 Minuten

Was war Ihre Motivation einen Weiterbildungsverbund zu gründen und wie sind Sie vorgegangen?

Leonie Teichmann: Wir alle kennen die schwierige Situation mit der fachärztlichen Versorgung – deutschlandweit und insbesondere auf dem Land. 
Daher war es uns wichtig, die fachärztliche Versorgung durch eine Facharztweiterbildung vor Ort zu sichern. Eine Weiterbildung dauert fünf Jahre, man kann jetzt schon abschätzen, wann die Ärzt:innen in den Ruhestand gehen und überblicken, wann der Bedarf steigen wird. 

Häufig findet die Weiterbildung im psychiatrischen Bereich in großstädtischen Kliniken statt. Wir möchten zeigen, dass die Facharztweiterbildung auch bei uns im ländlichen Raum möglich ist, das Angebot transparent machen und die Kooperationspartner:innen untereinander vernetzen – sowohl die klinischen als auch die ambulanten. In der Psychiatrie wird die Facharztweiterbildung oft nur im klinischen Bereich gemacht, selten im ambulanten Sektor. Wir denken von Anfang an die sektorenübergreifende Versorgung mit.

Wie hat alles begonnen?

Leonie Teichmann: Begonnen hat alles damit, dass sich der gemeindepsychiatrische Verbund und die Sozialplanung im Neckar-Odenwald-Kreis die aktuelle Situation der psychiatrischen Versorgung durch einen Blick in die Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) angeschaut haben. Dort wurde sichtbar, dass bereits zu dem damaligen Zeitpunkt Stellen unbesetzt waren und sich die Situation weiter verschärfen wird, weshalb die Kreisentwicklung mit ins Boot geholt wurde, die mit der Sicherstellung der ambulanten Versorgung betraut ist.

Gemeinsam entstand die Idee für die Gründung eines Weiterbildungsverbundes. Um den Ärzt:innen in Weiterbildung ein umfassendes psychiatrisches und neurologisches Weiterbildungsangebot bieten zu können, konnte erfreulicher Weise umgehend auch der Main-Tauber-Kreis als Partnerlandkreis gewonnen werden, weil dort zusätzliche umfassende psychiatrische und neurologische Weiterbildungsangebote vorhanden sind. So gewannen wir Stabilität für das Weiterbildungscurriculum.

Die beiden Landkreise haben beschlossen, gemeinsam den Weiterbildungsverbund für die Psychiatrie und Psychotherapie zu gründen. Es wurde überlegt, was es dazu braucht, welche Bedenken und Chancen es gibt. Es war klar: Man kann ein sehr breites Spektrum an Weiterbildungsangeboten anbieten. Die Landesärztekammer beziehungsweise die Bezirksärztekammern Nordbaden und Nordwürttemberg kamen dazu. Es gab ein Kooperationstreffen mit den Kliniken, den größeren Playern im Verbund. Im nächsten Schritt kamen die Praxen dazu.
 

Wie genau haben sich die Partner:innen abgestimmt?

Leonie Teichmann: Es war uns sehr wichtig, sowohl die Kliniken als auch die Praxen von Anfang an mit einzubeziehen, um nicht in einem Verbund am Bedarf vorbeizuplanen. Wir haben uns mit den Klinikchefs in einer großen Diskussionsrunde getroffen und haben die Praxen gesondert persönlich informiert. Mit der Landesärztekammer haben wir uns vor allem telefonisch und per Mail vernetzt und abgestimmt. Die Ärztekammern kennen die Belange der Ärzt:innen in Weiterbildung. Dieses Wissen fließt mit ein und wir können ein qualitativ hohes Weiterbildungsangebot bieten.

Ihre Idee, einen Weiterbildungsverbund dieser Art anzustoßen, stieß bei allen Beteiligten auf Zustimmung?

Leonie Teichmann: Ja, von Anfang an. Egal, ob das die Ärztekammer, die Kliniken oder die Praxen waren oder die Landkreise mit den beiden Landräten. Vor allem, weil es einfach ein Novum ist, in der Art, wie wir uns koordinieren. Das gibt es in dieser Art nicht noch einmal im Bereich Psychiatrie und Psychotherapie über die Landkreisebene hinaus, koordiniert von Landkreisseite.

Wie gestaltet sich Ihre Art der Organisation in der Praxis?

Leonie Teichmann: Unser Verbund besteht aus den beiden Landkreisen Neckar-Odenwald und Main-Tauber, fünf stationären Einrichtungen mit der Weiterbildungsbefugnis für Psychiatrie und Neurologie, ambulanten Praxen mit Weiterbildungsbefugnis Psychiatrie und/oder Neurologie und drei weiteren Kliniken für die Rotationsabschnitte. Diese kann man zum Beispiel in der Kinder- und Jugendpsychiatrie machen oder auch in der Inneren Medizin. Dazu kommen die Bezirksärztekammern. Für die hauptsächliche Koordination bin ich zuständig.

Welche besonderen Vorteile sehen Sie in dieser Art des Weiterbildungsverbundes?

Jasmin Schneider: Ein genereller Vorteil ist, dass die bestehenden Angebote transparent gemacht werden. Das erleichtert für die angehenden Fachärzt:innen die Suche und wir haben eine gewisse Planungssicherheit, dass sie fortwährend eine Weiterbildungsstelle über die gesamte Laufzeit haben. Es wird den Ärzt:innen ein Rundum-Sorglos-Paket angeboten, in dem auch die Rotation organisiert wird und bei persönlichen Belangen die Koordinierungsstelle weiterhilft. Von Vorteil ist außerdem die Vernetzung untereinander von Beginn an und die sektorenübergreifende Vernetzung zwischen ambulant und stationär.

Zudem wird man nach der neuen Förderrichtlinie der KV bevorzugt, wenn man in einem Verbund ist. Für speziell unseren Weiterbildungsverbund sprechen weiterhin die Möglichkeit für Freistellungstage sowie eine teilweise oder ganze Kostenübernahme von Zusatzseminaren, die in der Weiterbildung für den Facharzt, die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie erforderlich sind. Es gibt Angebote der Kooperationspartner:innen, die Möglichkeit der Teilnahme am Mediziner-Netzwerk und durch die landkreisübergreifende Kooperation gibt es mehr Stellen zur Auswahl.

Haben Sie schon Feedback aus der Ärzteschaft erhalten?

Leonie Teichmann: Ja, besonders zu dem Punkt der Weiterbildungsförderung durch die KV. Der wird sehr positiv von der Ärzteschaft, von den ambulanten Partner:innen aufgenommen. Bei der ambulanten Weiterbildung ist das ein großer Faktor. Positiv bemerkt wird auch die einfache Kontaktaufnahme.

Interessierte Ärzte oder Ärztinnen können sich ganz unkompliziert bei der Koordinierungsstelle melden, um dort gemeinsam die Weiterbildungsoptionen zu besprechen.  Es ist auch möglich beizutreten, wenn man schon mitten in der Weiterbildung ist. Es wird besprochen, was noch fehlt, was als nächstes ansteht, welche Vorstellungen es gibt, wie flexibel er oder sie ist. Es ist ein Unterschied, ob jemand zum Beispiel kleine Kinder hat. Deshalb bieten wir die Weiterbildung in Teilzeit an und schauen, dass die Beschäftigungszusagen rechtzeitig vorliegen. Wir prüfen gemeinsam, welche klinischen, welche ambulanten Möglichkeiten es gibt und es gibt Zusatzangebote der Kooperationspartner:innen.

Die Einstellungshoheit obliegt weiterhin der Praxis oder der Klinik. Dennoch ist es ein Vorteil, wenn der Erstkontakt über uns läuft oder der Arzt oder die Ärztin zum Beispiel vorher bereits bei einem Weiterbildungsabschnitt war, der zum Verbund gehört. Denn zu jedem Verbundpartner, jeder Verbundpartnerin gehört ein Weiterbildungspate bzw. eine -patin. Diese nehmen sich den Weiterbildungsassistent:innen besonders an. Die Weiterbildungspat:innen tauschen sich untereinander aus: Wenn jemand zum Beispiel zuerst in der Klinik im Neckar-Odenwald-Kreis war und nun in die ambulante Praxis im Main-Tauber-Kreis wechselt, besprechen sich die Paten und Patinnen: Was wurde absolviert, was fehlt noch?

Gibt es etwas, was Sie mit dem Verbund in Zukunft darüber hinaus erreichen möchten?

Wir prüfen jetzt nach einem Jahr wie der Stand ist, wo wir nachjustieren müssen. Langfristig haben wir das Ziel, dass viele Weiterzubildende zu uns in die beiden Landkreise kommen. 
 

Über die Autor:innen

Das Redaktionsteam der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ist die Dachorganisation aller 17 Kassenärztlichen Vereinigungen und vertritt die Interessen von Vertragsärzt:innen und Psychotherapeut:innen auf Bundesebene. Auf »Lass dich nieder!« gibt das Redaktionsteam Medizinstudierenden nützliche Tipps rund ums Studium und teilt Erfahrungen und Fakten rund um die ärztliche Niederlassung.

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