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Schweigepflicht

Ärztliche Schweigepflicht – das solltest du beachten

Die ärztliche Schweigepflicht gehört für dich zum medizinischen Alltag. Doch es kann zu Situationen kommen, in denen dir nicht klar ist, wie du mit der Schweigepflicht jetzt umgehen musst. Ein kurzer Überblick über einige wichtige Punkte.

Eine Patientin im vertraulichen Gespräch mit ihrer Ärztin im Behandlungszimmer.
Jedes Gespräch, das Ärzt:innen mit ihren Patient:innen führen, fällt unter die Schweigepflicht. Neben der Einwilligung gestatten eine Reihe von gesetzlichen Regelungen die Ausnahmen. ©iStock/FG Trade

Info für mich

Da das Thema Schweigepflicht sehr komplex ist und mitunter Situationen juristisch genau beleuchtet werden müssen, hole dir im Zweifel Rat bei Rechtsexperten.

Lesedauer: 6 Minuten

Die ärztliche Schweigepflicht gehört für dich als Mediziner:in zum Berufsalltag. Und obwohl sie vertraut ist, gibt es doch immer wieder mal Unsicherheiten im Umgang mit ihr. Was sind die Ausnahmen bei der Schweigepflicht? Was bedeutet ein Verstoß der Schweigepflicht? Und wie funktioniert die ärztliche Schweigepflicht bei Kindern und Jugendlichen? Wir haben dir an dieser Stelle Antworten auf einige der häufigsten Fragen zusammengetragen. 

Fragen und Antworten rund um die ärztliche Schweigepflicht 
 

Was ist Sinn und Zweck der ärztlichen Schweigepflicht?

Die Schweigepflicht soll den Schutz der Privatsphäre sicherstellen – gegenüber bestimmten privaten und staatlichen Institutionen. Die Schweigepflicht schützt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das in der deutschen Verfassung steht. Zudem kann sich Vertrauen zwischen Ärzt:innen und Patient:innen nur entwickeln, wenn klar ist, dass sensible Informationen nicht nach außen dringen dürfen. Wer sich als Patient:in in ärztliche Behandlung begibt, kann erwarten, dass alles, was die Mediziner:innen im Rahmen der Berufsausübung erfahren, geheim bleibt.  
 

Wie lautet die Definition von ärztlicher Schweigepflicht?

Die ärztliche Schweigepflicht ist im Strafgesetzbuch (§ 203) und in den Berufsordnungen der Landesärztekammern (§ 9) geregelt: Ärzt:innen dürfen ihnen anvertraute Geheimnisse nicht unbefugt an Dritte weitergeben. »Dritte« sind prinzipiell alle Personen – auch Kolleg:innen, Ehepartner:innen oder Polizeibeamt:innen. Die Geheimhaltungspflicht gilt auch nach dem Tod der Patient:innen. 

Du musst schweigen über: 

  • die Art und den Verlauf der Krankheit 
  • die Anamnese die Diagnose und die Therapiemaßnahmen 
  • psychische Auffälligkeiten
  • körperliche und geistige Besonderheiten
  • Patient:innenakten, Röntgenbilder und Untersuchungsergebnisse und zu allen Angaben zu persönlichen, beruflichen, wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen
  • die Identität der Patient:innen und dass er oder sie eine Arztpraxis aufgesucht hat 
     

In welchen Fällen gilt die ärztliche Schweigepflicht nicht?

Du darfst Informationen weitergeben, wenn eine ausdrückliche Einwilligung deiner Patien:innen vorliegt. Als Mediziner:in solltest du aber immer genau prüfen, ab wann du diesem Wunsch nachkommst.  Nicht rechtlich bindend, aber sinnvoll ist die Informationsweitergabe, wenn du davon ausgehen kannst, dass deine Patient:innen einwilligen würden. Zum Beispiel, … 

  • … wenn Informationen über bewusstlose Patient:innen für die Weiterbehandlung übermittelt werden müssen. 
  • … wenn du Krankenunterlagen bei Schichtwechseln deinen Kolleg:innen übergibst bzw. den Arztbrief verschickst. 
  • … wenn du beschuldigst wirst, einen Fehler gemacht zu haben, und du kannst ihn durch die Patient:innendokumentation widerlegen.

Es gibt auch Fälle, da bist du sogar gesetzlich zur Offenbarung verpflichtet. Du hast dann die Offenbarungsbefugnis und musst deine Patient:innen nicht darüber informieren, welche Informationen du übermittelst. 

An diese Stellen musst du Daten weitergeben:

  • Kassenärztliche Vereinigung (zur Abrechnung)
  • Gesetzliche Krankenkasse (zur Abrechnung)
  • Berufsgenossenschaften (z. B. bei Unfall)
  • Geburten (Meldepflicht)
  • Wenn der Patient oder die Patientin dir anvertraut, eine Straftat zu begehen (Offenbarungspflicht aufgrund Gefahrenabwehr)
  • Wenn du den Verdacht auf Kindesmisshandlung hast (Garantenpflicht). 

Zudem sieht das Infektionsschutzgesetz vor, dass du Informationen weitergeben und deine Schweigepflicht brechen darfst, wenn du dadurch weitere Ansteckung verhindern kannst.  
 

Was sind typische Fallstricke für Ärzt:innen?

Im Klinik- oder Praxisalltag kann es immer wieder zu Situationen kommen, in denen unbewusst Informationen an Dritte weitergegeben werden. Das kann sehr unangenehme Folgen haben. Im schlimmsten Fall musst du auch mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen.  

  • Achte daher besonders auf Gespräche auf dem Flur oder in der Küche. Hier bespricht man sich mal eben zwischendurch oder tauscht Meinungen aus. Schnell ist daher eine vertrauliche Information weitergegeben und du brichst deine Schweigepflicht. 
  • Mitunter steht die Tür zum Wartezimmer offen. Informationen und Gespräche aus den Behandlungszimmern oder vom Empfang könnten zu hören sein. Das musst du im Blick haben, damit die Vertraulichkeit der Behandlung immer sichergestellt ist.  
  • Wenn du deine Praxis an Nachfolger:innen übergibst, gilt weiterhin deine Schweigepflicht. Du brauchst also in diesem Fall die Einwilligung der Patient:innen, damit du die Krankenakten weitergeben kannst. Das gleiche gilt bei einem Ärzt:innenwechsel – auch hier müssen Patient:innen zustimmen.  
     

Was passiert, wenn du gegen die Schweigepflicht verstößt?

Du musst in diesem Fall nicht nur berufsrechtliche Probleme fürchten. Der Bruch der Schweigepflicht fällt unter das Strafrecht, sodass du zu einer Geldstrafe oder sogar Freiheitsstrafe verurteilt werden kannst. In bestimmten Fällen droht dir ein Berufsverbot.
 

Wie verhältst du dich, wenn du Anzeichen für Gewalt an Kindern oder Jugendlichen bemerkst oder dir Informationen dazu anvertraut werden?

Wenn du den Verdacht auf körperliche Misshandlung, sexuellen Missbrauch oder Vernachlässigung hast, liegt der Ausnahmefall vor und du kannst die Schweigepflicht durchbrechen. Wenn dir die Misshandlung vom Kind selbst berichtet wird, kannst du mit dessen Einverständnis und in Absprache mit ihm handeln. Du bist auch dann von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden, wenn du berechtigt annimmst, dass du von einer Einwilligung ausgehen kannst. Eine Einwilligungsfähigkeit kannst du in der Regel bei Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren annehmen. Lasse dir am besten eine schriftliche Einwilligungserklärung geben. Ob Kinder bis 14 Jahren einwilligungsfähig sind, hängt vom Einzelfall ab, insbesondere davon, ob sie zur Einsicht fähig sind. Bei der mutmaßlichen Einwilligung darfst du nur im vermutlichen Interesse und Einverständnis des betroffenen Kindes handeln. Je jünger das Kind ist, desto seltener dürfte dieser Fall in der Praxis vorliegen. 

Du kannst auch ohne Einwilligung Informationen weitergegeben, wenn ein »rechtfertigender Notstand« nach § 34 StGB vorliegt. Du handelst nicht rechtswidrig, wenn die Gefahr für Gesundheit und Leben des Kindes so groß ist, dass eine Abwendung dieser Gefahr schwerer wiegt als die Einhaltung der Schweigepflicht.

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