Die rollende Praxis
Was 2018 als Pilotprojekt von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen und Deutsche Bahn (DB) Regio startete, hat sich als echter Erfolg erwiesen. Dr. Eckhard Starke, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KV Hessen, erklärt im Interview, warum der Medibus wichtig für die medizinische Versorgung in der Region ist.
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Der Medibus ist in Nordhessen endgültig angekommen und schließt eine wichtige Versorgungslücke in der Region. Die rollende Arztpraxis ist ein umgebauter Linienbus, der von innen wie eine Hausarztpraxis mit Wartebereich, Labor und einem kleinen Behandlungsraum ausgestattet ist. Die mobile Arztpraxis fährt feste Stationen an und ist für alle Patientinnen und Patienten eine echte Alternative, die sonst nicht oder nur schwer in eine niedergelassene Arztpraxis kommen könnten.
Dr. Starke, der Medibus war ja zunächst ein Pilotprojekt. Was gab den Ausschlag, das Projekt für drei weitere Jahre zu verlängern?
In den letzten drei Jahren haben wir als KVH intensiv an der nachhaltigen Verbesserung der Versorgungssituation in Nordhessen gearbeitet und hierbei auch Erfolge erzielt. Gleichwohl hat sich die Lage noch nicht ausreichend stabilisiert, sodass der Medibus weiterhin ein wichtiger Baustein in der hausärztlichen Versorgung in der Region ist. Die Bürgerinnen und Bürger haben das Angebot seit Beginn des Projektes sehr gut angenommen.
Sind die Pläne für die nächsten drei Jahre fest oder ändern sich eventuell nochmal Haltestellen sowie Streckenführungen?
Das Angebot wird im Hinblick auf die Haltestellen und Streckenführung zunächst unverändert beibehalten. Sofern sich die Versorgungslage an einem oder mehreren Standorten ändern sollte, könnten wir das Angebot natürlich flexibel anpassen. Allerdings wird das Angebot des Medibus zukünftig erweitert, etwa um eine Beratung zur pflegerischen Versorgung im häuslichen Umfeld.
Wer behandelt im Medibus?
Derzeit behandeln im Medibus Ärzte und Ärztinnen auf Honorarbasis. Wir hatten allerdings auch schon angestellte Kolleginnen und Kollegen an Bord. Grundsätzlich gilt für den Medibus der Facharztstandard, das heißt die Patientinnen und Patienten werden dort ausschließlich von Fachärztinnen und Fachärzten versorgt.
Wer geht zum Medibus? Gibt es eine spezielle Zielgruppe?
Der Medibus wird von Patientinnen und Patienten in Anspruch genommen, die in unmittelbarer Nähe keine Hausarztpraxis haben beziehungsweise diese aus verschiedenen Gründen nicht erreichen können. Dabei sind nahezu alle Altersgruppen vertreten.
Welche Pläne hat die KV Hessen noch in Sachen „mobile Versorgung“ – gibt es bereits weitere Projekte?
Derzeit gibt es keine konkreten Pläne. Für die Zukunft wäre jedoch sicher die Nutzung mobiler Versorgungseinheiten ausgehend von Gesundheitszentren wünschenswert, denn gerade in schwach strukturierten Regionen werden wir – zumindest in einer Übergangszeit – nicht überall kleinräumig sicherstellen können, dass vor Ort eine Ärztin oder ein Arzt praktiziert.
Warum ist der Medibus keine Konkurrenz für niedergelassene Praxen?
Der Medibus versorgt Bürgerinnen und Bürger in Gemeinden und Regionen, in denen wir aktuell nicht genügend Hausarztpraxen haben beziehungsweise in denen die Patientinnen und Patienten weitere Strecken zum nächsten Hausarzt fahren müssten. Eine Konkurrenzsituation gibt es daher nicht. Vielmehr ist der Medibus eine gut funktionierende Ergänzung beziehungsweise sogar Entlastung für die wenigen Praxen vor Ort. Gäbe es den Bus nicht, müssten die vorhandenen Praxen zusätzliche Bürgerinnen und Bürger versorgen, was für die Ärztinnen und Ärzte, die ohnehin zum Teil an der Belastungsgrenze arbeiten, einen großen Mehraufwand bedeuten würde.