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Kritik als Entwicklungschance

Konstruktiver Umgang mit Kritik

Kritik schmerzt, auch wenn wir selbst merken, dass etwas nicht glatt gelaufen ist. Aber sie kann eine Chance für die persönliche Weiterentwicklung sein. Wie kann ich als Ärztin oder Arzt einen positiven Umgang mit Kritik finden – vor allem dann, wenn sie berechtigt ist?

Eine junge Ärztin im Kritikgespräch mit ihrem Kollegen.
Wer konstruktiv mit Kritik umgehen kann, nutzt für sich die Chance auf Weiterentwicklung. ©istockphoto/yourstockbank

Lesedauer: 6 Minuten

Ob in der Klinik oder in der Praxis – im oft turbulenten Arbeitsalltag einer Ärztin oder eines Arztes treffen viele unterschiedliche Perspektiven aufeinander. Dabei bleiben Konflikte und Kritik nicht aus. Da gibt es beispielsweise den Patienten, der seine Hilflosigkeit an seiner Ärztin auslässt, oder den Kollegen, der immer alles besser weiß. Wer an Kritik wachsen will, sollte ruhig bleiben, die Kritik nicht als Angriff verstehen und bereit sein, aus dieser zu lernen. Bestimmte Verhaltensweisen und Methoden helfen dabei, mit Kritik konstruktiv umzugehen. 

Zuhören und nachfragen

Es ist keine einfache Aufgabe herauszuhören, worum genau es gerade bei der Kritik geht. Denn Einwände werden nicht immer sachlich und klar vorgetragen, oft schwingen Emotionen wie Wut oder Verärgerung mit – sei es im Streit mit Kolleg:innen in der Nachtschicht oder im Gespräch mit schwierigen Patient:innen. Wichtig ist es daher, dennoch ruhig zuzuhören und nachzufragen, wenn etwas unklar ist. Du zeigst damit, dass du ernsthaft an der Klärung interessiert bist. Dabei fällt es leichter, die Ruhe zu bewahren, wenn du dein Gegenüber ansiehst, aufmerksam bleibst und ruhig und tief durchatmest – damit kannst du in der akuten Situation dein eigenes Stresslevel senken. Auf diese Weise beherrschst du deine eigenen Gefühle besser und beginnst nicht, direkt in den Verteidigungsmodus zu gehen oder aus der Haut zu fahren. Außerdem kannst du so auch leichter Missverständnisse aus dem Weg räumen, die ebenso Ursache für Kritik sein können.

Wertschätzung signalisieren

Auch wenn es im Moment schwerfällt, gerade bei berechtigter Kritik ist es wertschätzend, wenn du dich für das Aufzeigen des Problems ehrlich bedankst. Denn deine Kolleg:innen oder Patient:innen zeigen ja Interesse daran, dass sich etwas in der Zusammenarbeit verbessert. Ein Satz wie „Danke, dass Sie mir das sagen“ beruhigt die Emotionen und somit auch das Gespräch. Das wiederum erleichtert den Austausch. Nimm dir am besten auch einige Augenblicke Zeit, um über das Gesagte nachzudenken und handle nicht vorschnell aus einem Impuls heraus.

Möglicherweise ist der oder die Kritikgeber:in aufgrund des Fehlers selbst in eine unangenehme Lage geraten. Im Gespräch kannst du dann das eigene Bedauern ausdrücken. Das bedeutet nicht, dass du zwangsläufig alle Schuld auf dich nimmst. Du kannst einen Satz sagen wie: „Es tut mir leid, dass ein Problem entstanden ist.“ Zeige, dass du dich mit dem konkreten Sachverhalt ernsthaft auseinanderzusetzen willst.

Wenn du bei Kritik empathisch kommunizierst, ist das nicht gleichzusetzen mit einer ausführlichen Entschuldigung. Aber ein „Es tut mir leid“ bei berechtigter Kritik zeigt innere Größe.

Was kommt nach der Kritik?

Wie könnte jetzt der nächste Schritt aussehen, um das Problem aus der Welt zu schaffen? Versuche, Gemeinsamkeiten zu finden: Finde heraus, was sowohl für dich als auch für die andere Partei wichtig ist. Ihr könnt auf diese Weise leichter eine gemeinsame Basis aufbauen und eine konstruktive Lösung finden. Besprecht zusammen, welche Dinge sich ändern müssen und welcher Zeitrahmen dafür realistisch ist. Möglich ist auch, dass ihr euch noch einmal zusammensetzt und überprüft, ob der kritisierte Sachverhalt erfolgreich aus der Welt geschafft werden konnte.

Große Gefühle im Gespräch

Besonders in der Kommunikation mit Patient:innen und Angehörigen spielen Gefühle eine große Rolle. Gerade wenn nahestehende Personen ernsthaft erkrankt sind oder die Patient:innen selbst großes Leid haben, wird Kritik an Ärzt:innen manchmal mit viel Emotion und Verzweiflung geäußert. Um im Gespräch empathisch damit umzugehen, kannst du eine Methode einsetzen, die sich „Paraphrasieren“ nennt. Du wiederholst dabei, was du gehört hast, und fragst dein Gegenüber, ob du es richtig verstanden hast – am besten mit einer Frage, die nur mit ja oder nein beantwortet werden kann. Dein:e Gesprächpartner:in muss sich daraufhin erst einmal gedanklich damit auseinandersetzen, ob deine Aussagen korrekt sind. Mitunter musst du diese Technik mehrfach wiederholen, je nachdem wie aufgebracht dein Gegenüber ist. Das Paraphrasieren sorgt dafür, dass sich Menschen wahrgenommen fühlen, ein wenig Abstand zu ihren eigenen Gedanken und Gefühlen erhalten und sich langsam beruhigen können. 

Kehrt ein wenig Ruhe in den Dialog ein, kannst du jetzt offene Fragen stellen, zum Beispiel: „Wie kann ich Ihnen konkret helfen?“ oder „Was wünschen Sie sich in diesem Fall?“ So könnt ihr gemeinsam eine Lösung finden und erst einmal den akuten Druck aus der Situation nehmen. 

Sich eine:n Mentor:in suchen

Du musst nicht allein die vielen Herausforderungen im medizinischen Joballtag bewältigen. Es ist kein Zeichen von Schwäche, dir Hilfe zu holen und dich coachen zu lassen. Überlege, wer dir als Mentor:in zur Seite stehen könnte: Kolleg:innen, Vorgesetzte oder auch Freund:innen. 

Wenn du selbst Kritik übst

Du wirst auch schon Situationen erlebt haben, in denen du der- oder diejenige warst, der oder die Kritik geäußert hat. Wenn du Glück hast, triffst du auf Kolleg:innen oder Patient:innen, die sich nicht oder kaum persönlich angegriffen fühlen. Viele jedoch fühlen sich verletzt, sind wütend oder traurig. Damit du möglichst empathisch in das Gespräch gehst und deine Kritik nachvollziehbar und wenig verletzend vermittelst, kannst du zum einen Ich-Botschaften senden. Also aus deiner Perspektive die Dinge schildern. Und zum anderen können dir diese Sätze als Hilfestellung dienen, um Kritik wertschätzend zu äußern:

  • Bitte hören Sie mir zunächst aufmerksam zu.
  • Bitte nehmen Sie meine Aussagen nicht persönlich. So ist es nicht gemeint.
  • Nehmen Sie sich gern einen Moment Zeit, um über die Aussagen nachzudenken.
  • Mich interessiert Ihre Sicht der Dinge. Bitte schildern Sie sie mir. Seien Sie gern offen.
  • Haben Sie Fragen dazu oder etwas nicht verstanden?
  • Ich sehe, Sie sind sehr aufgebracht. Lassen Sie uns morgen noch einmal sprechen.
  • Bitte nehmen Sie die Kritik nicht persönlich. Mir liegt viel daran, dass Sie wachsen und sich verbessern können.

Konstruktiv mit Kritik umzugehen, ist eine essenzielle Fähigkeit für Ärzt:innen. Indem du Kritik als Chance zur Weiterentwicklung betrachtest, aktiv zuhörst, professionell bleibst und Empathie zeigst, kannst du eine positive Arbeitsumgebung schaffen und deine eigene ärztliche Praxis kontinuierlich verbessern.
 

 

Über die Autor:innen

Das Redaktionsteam der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ist die Dachorganisation aller 17 Kassenärztlichen Vereinigungen und vertritt die Interessen von Vertragsärzt:innen und Psychotherapeut:innen auf Bundesebene. Auf »Lass dich nieder!« gibt das Redaktionsteam Medizinstudierenden nützliche Tipps rund ums Studium und teilt Erfahrungen und Fakten rund um die ärztliche Niederlassung.

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